Achtsamkeit (Mindfulness) ist eine wertvolle Mentaltechnik, die es sich lohnt zu lernen. Die reine Technik ist nicht an eine Religion gebunden, stammt aber ursprünglich aus dem Buddhismus. Sie erfordert zwar kein Glaubensbekenntnis, aber sie kann eingebettet sein in eine liebevolle und gütige Annahme der Welt und aller Lebenwesen darin (Metta). Es geht nicht um eine Technik zum subjektiven Lustgewinn oder zur Erhöhung der eigenen Leistungsfähigkeit. Ebenso ist Achtsamkeit nicht esoterisch, denn sie hat ihre Wirksamkeit im therapeutischen Einsatz bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Studien gezeigt.
Psychotherapeut*innen kennen dieses Konzept allerding von einem US-Amerikaner. Jon Kabat-Zinn entwickelte in den 70ern eine säkulare Methode zur Reduktion psychischer Belastungen verursacht durch Stress und Schmerzen. Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) ist ein achtwöchiges Programm, dessen Wirksamkeit in Studien an unterschiedlichen Patient*innengruppen gezeigt wurde. Mittlerweile sind daraus unterschiedliche achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze entstanden.
Bereits im ersten Ausbildungsjahr zur Psychologischen Psychotherapeut*in an einer großen psychosomatischen Klinik lernte ich diesem Ansatz kennen, da er eine wichtige Rolle in der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) spielt. In meiner ersten teaminteren Fortbildung arbeitete ich mich in Achtsamkeitstechniken ein, die ich mit Kolleg*innen übte.
Was ist denn nun Achtsamkeit?
Im weitesten Sinne ist Achtsamkeit eine Meditationspraxis.
Der Kern der Achtsamkeit ist das volle Gewahrsein des gegenwärtigen Moments
Alle Aspekte der äußeren und inneren Welt können dabei erfahren werden. Als praktizierende Person erlebe ich mich in der Umwelt und mit allen inneren Zustände wie Gedanken, Gefühle und Körperwahrnehmungen. Durch die bewertungsfreie Aufmerksamkeit auf diese Zustände habe ich die Möglichkeit diese zu erleben, ohne davon überfordert zu werden. Ich kann lernen sie zu spüren und anzunehmen. Dadurch kann ich starke Emotionen besser regulieren, innere Bedürfnisse erkennen und Schmerzen lindern.
Wie funktioniert das?
Das geschieht vermutlich dadurch, dass das achtsame Sein im Hier-und-jetzt unserem Gehirn weniger Rückgriffe auf unsere Lebenserfahrungen (gelernte Muster, Bewertungen, etc.) und weniger Erwartungen für die Zukunft abverlangt. Das kann bei Übenden eine tiefe Ruhe und Gelassenheit oder intensive Wachheit auslösen. Und trotzdem kann und soll eine achtsame Innenschau auch negative Gefühle beinhalten. Hier ist der Unterschied zu einer reinen Wohlfühl-Technik.
Ziel der Achtsamkeit ist eine Verbesserung der Selbstwahrnehmung und Verbindung von kognitiven, emotionalen und körperlichen Prozessen
Mittels achtsamkeitsbasierter Techniken habe ich die therapeutische Möglichkeit innere Prozesse zu erkennen. Durch das Entwickeln einer bewertungsfreien inneren Haltung im Einklang mit meinem Körper kann ich psychisches Leid reduzieren. Außerdem ist es möglich, ein stimmiges und positives Selbsterleben zu kultivieren. Zudem kann auch die soziale Verbundenheit verbessert werden.
Hier liegt vermutlich ein großes Potential neuerer Forschungen zu körperorientierten psychotherapeutischen Verfahren (Embodiment).
Geleitete Achtsamkeitsübung
Suchen Sie sich für diese Übung einen Ort an dem Sie ungestört sind. Sie können stehen, sitzen oder liegen. Sie können die Augen schließen oder geöffnet lassen. In dieser Übung wird zweimal eine hell klingende Klangschale angeschlagen. Es geht um Atmung und Hören. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Es geht nur um das Erleben des Augenblicks.